Aufhebungsverträge – Ein Überblick über ihre Wirksamkeitsvoraussetzungen und typischen Inhalte anlässlich des BAG-Urteils zum Gebot fairen Verhandelns | Re.Work | GÖRG Blog

Aufhebungsverträge – Ein Überblick über ihre Wirksamkeitsvoraussetzungen und typischen Inhalte anlässlich des BAG-Urteils zum Gebot fairen Verhandelns

I. Einleitung

Mit Urteil vom 24. Februar 2022 (Az.: 6 AZR 333/21) hat das Bundesarbeitsgericht abermals über die Beachtung des Gebots fairen Verhandelns bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags entschieden. Da Aufhebungsverträge in der arbeitsrechtlichen Praxis eine herausragende Bedeutung haben, bietet das Urteil Anlass, das Gebot fairen Verhandelns noch einmal näher zu beleuchten und einen grundsätzlichen Überblick über die wichtigsten Wirksamkeitsvoraussetzungen (I.) und Inhalte (II.) von Aufhebungsverträgen zu geben.

In diesem Beitrag geht es um „echte“ Aufhebungsverträge. Sie selbst beenden das Arbeitsverhältnis, nicht eine vor oder nach ihrem Abschluss ausgesprochene Kündigung. Verträge, die aus Anlass einer Kündigung geschlossen werden und lediglich die Modalitäten der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung regeln, werden Abwicklungsverträge genannt.

I. Wirksamkeitsvoraussetzungen

Im Folgenden sollen die wichtigsten Wirksamkeitsvoraussetzungen für arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge erörtert werden, die neben den allgemeinen zivilrechtlichen Voraussetzungen für den wirksamen Vertragsschluss zwingend zu beachten sind (1.). Zudem werden Möglichkeiten aufgezeigt, mit denen sich eine Partei wieder von einem Aufhebungsvertrag lösen kann (2.).

1. Zustandekommen

a) Schriftform, § 623 BGB

Gemäß § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch einen Aufhebungsvertrag der Schriftform. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Aufhebungsverträge müssen also von den Parteien eigenhändig unterschrieben werden. Die schriftliche Form kann – das regelt § 623 BGB ausdrücklich – nicht durch eine elektronische Form wie z.B. DocuSign ersetzt werden.

Die Schriftform gilt nicht lediglich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst, sondern auch für wichtige, für die Entscheidung der Parteien zum Vertragsschluss unverzichtbare Nebenbestimmungen des Aufhebungsvertrags. Ist eine solche Nebenbestimmung nicht ebenfalls schriftlich vereinbart, ist im Zweifel der gesamte Aufhebungsvertrag unwirksam (vgl. § 139 BGB). Infolgedessen wäre beispielsweise ein Aufhebungsvertrag in aller Regel insgesamt unwirksam, wenn der Arbeitnehmer als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten soll, diese aber lediglich mündlich vereinbart wurde. Es ist nämlich davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag ohne den Anspruch auf eine Abfindung nicht geschlossen hätte.

b) Kein Verstoß gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, §§ 305 ff. BGB

Aufhebungsverträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterliegen in der Regel der AGB-Kontrolle, soweit ihre Bedingungen nicht im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt wurden. Die individuelle Aushandlung aller vertraglichen Regelungen wird allerdings nur ausnahmsweise der Fall sein. In den meisten Fällen erhält der Arbeitnehmer einen vorformulierten Entwurf eines Aufhebungsvertrags, in dem allenfalls die essentiellen Vertragsbestimmungen wie etwa das Beendigungsdatum, die Abfindungshöhe oder eine Freistellung zur Disposition stehen. Bei den genannten Beispielen handelt es sich aber um sogenannte Hauptleistungspflichten des Aufhebungsvertrags, die ohnehin keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen.

AGB müssen klar und verständlich sein (Transparenzgebot) und dürfen den Vertragspartner weder unangemessen benachteiligen noch überraschend sein. Ob ein Verstoß gegen AGB-Recht gegeben ist, wird im Einzelfall entschieden werden. Als grobe Leitlinie kann dienen, dass die Regelungen des Aufhebungsvertrags klar und verständlich sowie deutlich erkennbar sind. Sie dürfen nicht an Stellen platziert sein, an denen man sie nicht erwartet (etwa eine allgemeine Erledigungsklausel zwischen zwei Absätzen zur Herausgabe von Betriebsmitteln). Schließlich dürfen die einer Partei auferlegten Pflichten nicht in einem unangemessenen, nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts „verwerflichen“ Verhältnis zur erhaltenen Gegenleistung stehen (BAG, Urteil vom 24.2.2016 – 5 AZR 258/14 –).

c) Kein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten

Ein Aufhebungsvertrag kann ganz oder teilweise unwirksam sein, wenn eine oder mehrere seiner Regelungen gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen.

Beispielsweise wäre eine Regelung über den Verzicht auf den gesetzlichen Mindesturlaub oder auf den gesetzlichen Mindestlohn unwirksam. In diesen Fällen würde der Aufhebungsvertrag im Übrigen wohl wirksam bleiben. Sind nur einzelne Regelungen des Aufhebungsvertrags unwirksam, kann der Aufhebungsvertrag im Übrigen wirksam bleiben, wenn anzunehmen ist, dass die Parteien den Aufhebungsvertrag auch ohne die unwirksamen Regelungen geschlossen hätten (§ 139 BGB). Dies wird bei einem unwirksamen Verzicht auf restlichen Urlaub oder Teile der Vergütung anzunehmen sein.

Ein Aufhebungsvertrag wäre hingegen wegen § 134 BGB in der Regel insgesamt nichtig, wenn mit ihm die Regelungen zum Betriebsübergang gemäß § 613a BGB umgangen werden sollen. Eine Umgehung wäre etwa dadurch denkbar, dass der Betriebsveräußerer mit den vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmern Aufhebungsverträge schließt, damit der Betriebserwerber für ihn günstigere Arbeitsverträge mit den betroffenen Arbeitnehmern schließen kann, anstatt sie wie vom Gesetz vorgesehen zu den bisherigen Konditionen weiterzubeschäftigen.

Eine Sittenwidrigkeit von Regelungen gemäß § 138 BGB ist gegeben, wenn sie gegen „das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ verstößt. Im Aufhebungsvertrag wird dies insbesondere angenommen, wenn die Interessen der Parteien durch die Regelungen des Aufhebungsvertrags auffällig unausgewogen zugunsten einer Partei berücksichtigt wurden und dies eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragspartners, etwa durch bewusstes Ausnutzen von Unerfahrenheit oder einer Zwangslage, erkennen lässt. Dies wird bei Aufhebungsverträgen, die Ergebnis von ausführlichen Verhandlungen der Parteien sind und bei denen alle wesentlichen Inhalte schriftlich vereinbart sein müssen, nur selten der Fall sein.

d) Gebot fairen Verhandelns

Ein Aufhebungsvertrag ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unwirksam, wenn er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist. Prominent in Erscheinung trat dieses Gebot erstmals mit Urteil vom 7. Februar 2019 (Az.: 6 AZR 75/18), wenngleich es – von der Praxis eher wenig wahrgenommen – bereits in älteren Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts thematisiert wurde.

Nach dem Gebot fairen Verhandelns ist ein Aufhebungsvertrag unwirksam, wenn er in einer Situation zustande gekommen ist, in der eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht. Dies könne durch die Schaffung besonders unangenehmer Rahmenbedingungen, die erheblich ablenken oder sogar den Fluchtinstinkt wecken, geschehen. Denkbar sei zudem die Ausnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprachkenntnisse. Auch eine „Überrumpelung“ könne die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigen.

In einer aktuellen Entscheidung vom 24. Februar 2022 (Az.: 6 AZR 333/21) hat das Bundesarbeitsgericht seine Grundsätze zum Gebot fairen Verhandelns weiter konkretisiert. Danach komme ein Aufhebungsvertrag nicht allein deswegen unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande, wenn der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme des Angebots abhängig gemacht habe. Dies stelle für sich genommen keine Pflichtverletzung dar, auch wenn dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit verbleibe noch er Rechtsrat einholen könne.

Im vorliegenden Fall scheint es danach nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte durch ein ihr zurechenbares Verhalten ihres Lebensgefährten am 15. Februar 2016 das Gebot fairen Verhandelns verletzt und damit die Entscheidungsfreiheit der Klägerin bzgl. des Vertragsschlusses schuldhaft beeinträchtigt hat.

In seinem Urteil vom 7. Februar 2019 (6 AZR 75/18) hat das Bundesarbeitsgericht die Verletzung des Gebots fairen Verhandelns in Erwägung gezogen, wenn sich im zugrunde liegenden Fall erweisen würde, dass die Arbeitnehmerin nicht um den Abschluss des Aufhebungsvertrags gebeten hätte und die Arbeitgeberin sie gleichwohl unangekündigt in ihrer Wohnung aufgesucht hätte, um dort den Aufhebungsvertrag abzuschließen. Dies würde einer Überrumpelung gleichkommen, zumal wenn die Arbeitnehmerin an diesem Tag krank gewesen wäre und keine triftigen Gründe für Verhandlungen über den Aufhebungsvertrag noch während der Erkrankung vorgelegen hätten. Das Bundesarbeitsgericht hat den Fall zur weiteren entsprechenden Aufklärung des Sachverhalts an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

e) Verstoß gegen das Begünstigungsverbot gemäß § 78 Satz 2 BetrVG

Grundsätzlich können mit Betriebsratsmitgliedern abgeschlossene Verträge unwirksam sein, wenn sie gegen das Begünstigungsverbot gemäß § 78 Satz 2 BetrVG verstoßen. Doch ein Betriebsratsmitglied wird durch einen im Zuge einer kündigungsrechtlichen Auseinandersetzung abgeschlossenen Aufhebungsvertrag in der Regel auch dann nicht unzulässigerweise begünstigt, wenn der Aufhebungsvertrag besonders attraktive finanzielle oder sonstige Konditionen enthält, die einem Arbeitnehmer ohne Betriebsratsamt nicht zugestanden worden wären. Diese Begünstigung beruht regelmäßig auf dem besonderen Kündigungsschutz des Betriebsratsmitglieds nach § 15 Abs. 1 KSchG, § 103 BetrVG, der seine Rechtsposition gegenüber anderen Arbeitnehmern ohne vergleichbaren Sonderkündigungsschutz erheblich verbessert.

f) Zustimmung des Integrationsamts in den Fällen des § 175 SGB IX

Gemäß § 175 Satz 1 SGB IX bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes, wenn sie im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt.

Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass diese Vorschrift auf Aufhebungsverträge nicht anwendbar ist. Dies wird nur vereinzelt für den Fall anders gesehen, in dem die Initiative auf Abschluss des Aufhebungsvertrags vom Arbeitgeber ausgeht.

Wollen Arbeitgeber auf der sicheren Seite sein, holen sie vor Abschluss des Aufhebungsvertrags die Zustimmung des Integrationsamts ein, wenn sie die Verhandlungen für einen Aufhebungsvertrag initiiert haben. Zu bedenken ist aber, dass bis zur Zustimmung einige Wochen bis Monate vergehen können.

2. Lösungsmöglichkeiten

Nicht selten besteht das Interesse zumindest einer Partei des Aufhebungsvertrags, sich von diesem wieder lösen zu können. Dies ist allerdings nur unter strengen Voraussetzungen möglich.

a) Widerruf

Es besteht kein gesetzliches Widerrufsrecht. Seit der Neufassung von § 312 BGB gelten die Vorschriften über die Grundsätze bei Verbraucherverträgen und besondere Vertriebsformen bei Verbraucherverträgen, „bei denen sich der Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet“. Ein Preis ist laut Gesetzesbegründung „jedenfalls“ eine Geldleistung (BT-Drucksache 19/27653, S. 35). Ein Preis in diesem Sinne dürften jedoch auch vergleichbare Gegenleistungen sein wie die „digitale Darstellung eines Werts“, also virtuelle Währungen, die im Austausch für die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen geschuldet wird (vgl. Art. 2 Nr. 7 der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen).

Aufhebungsverträge fallen daher nicht unter die §§ 312 ff. BGB, da sie den Arbeitnehmer (Verbraucher) in aller Regel nicht zur „Zahlung eines Preises“ im oben genannten Sinne verpflichten. Selbst wenn die „Zahlung eines Preises“ auch andere Gegenleistungen des Arbeitnehmers meinen könnte, etwa die Beendigung des Arbeitsverhältnisses selbst, könnte auf die zur alten Rechtslage ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zurückgegriffen werden, wonach Aufhebungsverträge keine Verträge im Sinne von § 312 Abs. 1 BGB waren (BAG, Urteil vom 7.2.2019 – 6 AZR 75/18 –).

Zu beachten sind ggf. (tarif-)vertragliche oder in Betriebsvereinbarungen vorgesehene Widerrufsrechte.

b) Rücktritt

Grundsätzlich kommt ein Rücktrittsrecht einer der Parteien vom Aufhebungsvertrag in Betracht. Der praktisch wichtigste Fall dürfte ein Rücktritt des Arbeitnehmers sein, wenn der Arbeitgeber die Abfindung – auch nach Fristsetzung – nicht zahlt, vgl. § 323 Abs. 1 BGB.

Der Arbeitnehmer kann jedoch nur zurücktreten, wenn die Abfindungszahlung auch durchsetzbar ist, er sie also auch verlangen kann. Infolgedessen kann er eine Abfindungszahlung nach Insolvenzeröffnung nicht verlangen, wenn der Abfindungsanspruch wegen der zwischen Vertragsschluss und Fälligkeit der Abfindung erfolgten Insolvenzeröffnung zu einer Insolvenzforderung geworden ist.

Ein Rücktrittsrecht kann auch bei Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB entstehen. Geschäftsgrundlage sind die bei Abschluss des Aufhebungsvertrags zutage getretenen, dem anderen Teil erkennbar gewordenen und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen einer Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien über das Vorhandensein bzw. den künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien hierauf aufbaut. Als Störungstatbestände sind beiderseitiger Irrtum über ihr Vorliegen – anfängliches Fehlen der Geschäftsgrundlage – und späterer Nichteintritt der beiderseitigen Erwartungen – Wegfall der Geschäftsgrundlage – zu unterscheiden.

Wenn sich etwa der Arbeitgeber entschließt, eine beabsichtigte Betriebsstilllegung doch nicht durchzuführen, dürfte ein aus Anlass der beabsichtigten Stilllegung geschlossener Aufhebungsvertrag an die geänderte Situation anzupassen sein, indem der Arbeitnehmer wiedereinzustellen und die für den Verlust des Arbeitsplatzes erhaltene Abfindung zurückzuzahlen wäre.

Eine Störung der Geschäftsgrundlage kann sich auch ergeben, wenn vor dem vereinbarten Beendigungsdatum eine fristlose Kündigung ausgesprochen wird. Der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zum selben Beendigungsdatum führt jedoch regelmäßig nicht zu einer Störung der Geschäftsgrundlage.

c) Anfechtung

Es besteht auch die Möglichkeit, sich von einem Aufhebungsvertrag durch Anfechtung zu lösen. In der Praxis am häufigsten anzutreffen sind Anfechtungen wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung (§ 123 Abs. 1 BGB).

Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung kann erfolgreich sein, wenn die eine Partei die andere über wesentliche Umstände, die diese zum Abschluss des Aufhebungsvertrags bewegt haben, getäuscht hat. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn der Arbeitgeber den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit vortäuscht und aus diesem Grund, etwa zu Vermeidung eines Kündigungsschutzprozesses, ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird.

Eine arglistige Täuschung kann auch durch Unterlassen erfolgen. Dies ist möglich, wenn den Arbeitgeber ausnahmsweise besondere Hinweis- und Aufklärungspflichten treffen. Dies kann nach der Rechtsprechung beispielsweise der Fall sein, wenn bei Fragen der betrieblichen Altersversorgung der Arbeitnehmer durch eine sachgerechte und vom Arbeitgeber redlicherweise zu erwartende Aufklärung vor der Auflösung des Arbeitsverhältnisses bewahrt werden muss, weil er sich durch sie in Bezug auf die Altersversorgung aus Unkenntnis selbst schädigen würde (BAG, Urteil vom 22.4.2004 – 2 AZR 281/03 –).

Eine Anfechtung kann auch wegen widerrechtlicher Drohung erfolgen. Hauptanwendungsfall ist, dass der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Kündigung droht, diese aber objektiv aller Voraussicht nach unwirksam wäre. Es kann aber auch rechtmäßig gedroht werden; ein daraufhin geschlossener Aufhebungsvertrag wäre nicht anfechtbar. Die Drohung mit einer Strafanzeige zum Zwecke des Abschlusses eines Aufhebungsvertrages etwa kann rechtmäßig sein, wenn die anzuzeigende Straftat im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stand und ein verständiger Arbeitgeber zugleich eine den Regelungen des Aufhebungsvertrages entsprechende Kündigung ernsthaft in Betracht ziehen durfte.

III. Inhalt

Im Folgenden sollen die wichtigsten, typischerweise in Aufhebungsverträgen enthaltenen Regelungen erörtert werden.

1. Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Konstitutiv für einen Aufhebungsvertrag ist, dass er selbst die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführt. Der Aufhebungsvertrag sollte daneben die wichtige Frage klären, wie die verbleibende Zeit des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis zu vergüten ist. Dabei sollte nicht lediglich – wie häufig – geregelt werden, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dessen Ende ordnungsgemäß abgerechnet wird. Um nachträglichen Streit zu vermeiden, sollten die Höhe der monatlichen Bruttovergütung sowie etwaige Bonusansprüche konkret geregelt werden. Hier gilt es aus Arbeitgebersicht zu beachten, dass tarifgebundene Arbeitnehmer auf tarifvertragliche Ansprüche nicht ohne Zustimmung der Tarifvertragsparteien verzichten können. Ferner können Arbeitnehmer auf Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung nicht ohne Zustimmung des Betriebsrats verzichten. Ein unwirksamer Verzicht würde sie zur späteren Geltendmachung der restlichen Vergütung berechtigen. Dieses Problem kann durch einen sogenannten Tatsachenvergleich umgangen werden. Beispielsweise könnten sich die Parteien darauf einigen, dass die zu erreichenden Ziele für eine Bonuszahlung zu einem bestimmten Prozentsatz erreicht wurden und ein dementsprechender Bonusanspruch besteht.

2. Abfindung

Regelmäßig, aber nicht zwingend, enthalten Aufhebungsverträge Abfindungsregelungen. Dienen diese zur Milderung des Besitzstandsverlusts durch die Aufgabe des Arbeitsplatzes, sind sie sozialabgabenfrei, aber lohnsteuerpflichtig. Aus diesem Grund ist bei „Aufhebungsverträgen“ Vorsicht geboten, die zwischen Arbeitnehmer und Betriebsveräußerer aus Anlass eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB geschlossen werden. Zahlt der Betriebsveräußerer eine Abfindung dafür, dass sich der Arbeitnehmer mit dem Übergang des Arbeitsverhältnisses einverstanden erklärt, handelt es sich hierbei nicht um eine von der Sozialabgabenpflicht befreite Abfindung, da der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz nicht verliert, sondern nur der Arbeitgeber wechselt.

3. Freistellung von der Arbeitspflicht

Regelmäßig enthält ein Aufhebungsvertrag Regelungen zur (un-)widerruflichen Freistellung des Arbeitnehmers. Auf den Zeitraum einer Freistellung können Urlaub und Freizeitausgleichansprüche angerechnet werden. Damit Urlaub wirksam angerechnet werden kann, muss die Freistellung entweder unwiderruflich sein oder es muss ein konkreter Zeitraum benannt werden, in dem der Arbeitnehmer Urlaub nehmen soll und nicht zur Arbeit gerufen werden kann. Problematisch bei konkreten Zeiträumen ist, dass Arbeitnehmer im Fall der Krankheit keinen Urlaub verbrauchen können. Um diesem Fall vorzubeugen kann geregelt werden, dass sich der Urlaubszeitraum entsprechend bis nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit verschiebt. Denkbar ist auch, den Verzicht auf den übergesetzlichen Urlaub zu vereinbaren, um mögliche Urlaubsabgeltungsansprüche zu reduzieren. Es ist aber auch ein Tatsachenvergleich dahingehend möglich, dass sämtliche Urlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche bereits gewährt wurden. Das kann im Einzelfall aber ausgeschlossen sein, etwa wenn der Arbeitnehmer vor Abschluss des Aufhebungsvertrags jahrelang krank gewesen ist und infolgedessen objektiv keinen Urlaub nehmen konnte.

4. Turbo-/Sprinterklausel

Eine weitere typische Regelung in Aufhebungsverträgen ist die sogenannte Turbo- oder Sprinterklausel. Diese Klausel besagt, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auch schon vor dem eigentlichen Beendigungstermin mit kurzer Ankündigungsfrist (meist ein bis zwei Wochen) beenden kann und die noch ausstehende Vergütung als zusätzliche Abfindung beanspruchen kann. Dies wird für ihn in Betracht kommen, wenn er eine Anschlussbeschäftigung gefunden hat. Die Turboklausel hat für beide Seiten Vorteile, da eine Abfindung nicht sozialabgabenpflichtig ist. Für den Arbeitnehmer ist es zudem äußerst attraktiv, da er sozusagen doppelt verdienen kann und sich den Verdienst beim neuen Arbeitgeber nicht auf die Vergütung beim alten Arbeitgeber anrechnen lassen muss. Spekuliert der Arbeitgeber darauf, dass der Arbeitnehmer zumindest sehr kurzfristig eine Anschlussbeschäftigung findet, kann er versuchen die Höhe der zusätzlichen Abfindung herunterzuhandeln.

Beide Parteien sollten darauf achten, dass der Arbeitnehmer schriftlich von der Sprinterklausel Gebrauch macht, da er sonst das Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Mitteilung der vorzeitigen Beendigung eine Kündigung, die der Schriftform gemäß § 623 BGB bedarf (BAG, Urteil vom 17.12.2015 – 6 AZR 709/14 –). Der Arbeitnehmer könnte sich beispielsweise auf die Unwirksamkeit seiner Ankündigung berufen, wenn er bei seiner Anschlussbeschäftigung in der Probezeit eine Kündigung erhält und lieber bis zum ursprünglichen Beendigungsdatum bei seinem bisherigen Arbeitgeber bleibt. Die dann beanspruchbare „normale“ Vergütung wäre voll sozialabgabenpflichtig.

5. Anrechnung anderweitigen Verdienstes, § 615 Satz 2 BGB

Für die Zeit der Freistellung sollte aus Arbeitgebersicht darauf geachtet werden, dass die Anrechnung anderweitigen Verdienstes ausdrücklich vereinbart wird. Im Fall der einvernehmlichen Freistellung findet § 615 Satz 2 BGB, die Norm über die Anrechnung anderweitigen Verdienstes bei Annahmeverzug des Arbeitgebers, keine Anwendung. Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch ohne ausdrückliche Vereinbarung anderweitiger Verdienst anzurechnen sein, wenn die Parteien eine Sprinterklausel vereinbart haben (BAG, Urteil vom 23.2.2021 – 5 AZR 314/20 –). Die Sprinterklausel soll nämlich erst ermöglichen, dass der Arbeitnehmer doppelt verdient. Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts liegt aber ein Einzelfall zugrunde, sodass sich Arbeitgeber auf das Urteil nicht verlassen sollten.

6. Verschwiegenheitspflicht

Aus Arbeitgebersicht schadet es nicht, ausdrücklich (nachvertragliche) Verschwiegenheitspflichten in den Aufhebungsvertrag aufzunehmen. Hier sind allerdings folgende Aspekte zu beachten: Die nachvertraglichen Verschwiegenheitspflichten betreffend im Arbeitsverhältnis bekannt gewordene Geschäftsgeheimnisse bestehen ohnehin, sodass eine ausdrückliche Regelung rein deklaratorisch wäre. Gleichwohl kann sich empfehlen, die Verschwiegenheit über bestimmte Angelegenheiten gesondert und im Übrigen die Geltung der grundsätzlichen Pflicht zur Verschwiegenheit zu vereinbaren.

7. Klageverzicht

Teilweise werden auch in Aufhebungsverträgen Klageverzichtsklauseln vereinbart. Diese können eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB darstellen. Ob dies der Fall ist, hängt vom Einzelfall ab. Das Bundesarbeitsgericht hat einen formularmäßigen Klageverzicht in einem Aufhebungsvertrag, der zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber angedrohten außerordentlichen Kündigung geschlossen wird, für unwirksam gehalten, weil ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte (BAG, Urteil vom 12.3.2015 – 6 AZR 82/14 –).

Ein Klageverzicht ist jedoch nicht unangemessen benachteiligend, wenn der Arbeitgeber Zugeständnisse macht und den Klageverzicht ausreichend kompensiert. Wann eine ausreichende Gegenleistung erreicht ist, ist noch weitgehend ungeklärt. Eine bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht unter Anrechnung von Urlaub und Überstunden kann eine ausreichende kompensatorische Gegenleistung sein, sofern über die ohnehin bestehenden Freizeitansprüche noch ein substantieller Freistellungszeitraum verbleibt. Die Zusage zur Ausstellung eines überdurchschnittlichen Zeugnisses reicht hingegen nicht aus.

8. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Grundsätzlich ist es möglich, in einem Aufhebungsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren. Dessen Vereinbarung kommt bei hoch qualifizierten Mitarbeitern etwa aus den Bereichen Forschung und Entwicklung oder Vertrieb, die Kenntnisse über besonders schützenswerte Betriebsgeheimnisse haben, in Betracht. Die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots will allerdings wohlüberlegt sein, weil an seine wirksame Vereinbarung hohe rechtliche Hürden geknüpft sind und der Arbeitnehmer für jedes Jahr des Verbots mindestens in Höhe der Hälfte der von ihm zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen entschädigt werden muss.

9. Betriebliche Altersversorgung

Anwartschaften auf eine betriebliche Altersversorgung haben für beide Parteien, vor allem aber für die Arbeitnehmer, eine enorme Bedeutung. Aus diesem Grund sind sie in aller Regel nicht von den üblicherweise in Aufhebungsverträgen vereinbarten Ausgleichs‑/Erledigungsklauseln erfasst (siehe dazu unten). Viel spricht deshalb dafür, zur Vermeidung von Streit über das Bestehen von Anwartschaften, im Aufhebungsvertrag ausdrückliche Regelungen zu treffen. Die Möglichkeit, über Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, jedenfalls wenn sie unverfallbar sind, zu verfügen, ist gesetzlich allerdings stark eingeschränkt. Gemäß § 3 BetrAVG können sie in Aufhebungsverträgen nur unter bestimmten, strengen Voraussetzungen abgefunden werden. Auch die Übertragung der unverfallbaren Anwartschaften auf andere Träger der betrieblichen Altersversorgung ist reglementiert, und zwar in § 4 BetrAVG.

10. Ausgleichs-/Erledigungs-/Abgeltungsklausel

In nahezu jedem Vertrag über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses findet sich eine Klausel, die im Wesentlichen vorsieht, dass mit Erfüllung des Aufhebungsvertrags alle wechselseitigen (finanziellen) Ansprüche, gleich ob bekannt oder unbekannt und soweit über sie keine ausdrückliche Regelung getroffen wurde, erledigt sind. Eine solche Klausel wird in der Regel Ausgleichs-, Erledigungs- oder Abgeltungsklausel genannt.

Da eine solche Klausel im Rahmen von Aufhebungsverträgen regelmäßig eine AGB gemäß §§ 305 ff. BGB ist, stellt sich die Frage ihrer Wirksamkeit. Zum einen können sie – ihrem Wortlaut nach und wenn keine anderweitige ausdrückliche Regelung besteht – auch unverzichtbare Rechte umfassen wie z.B. Resturlaubsansprüche. Dadurch könnte die gesamte Klausel unwirksam sein. Beispielsweise sind Ausschlussklauseln, die die Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb einer bestimmten Frist verlangen, unwirksam, wenn sie beispielsweise auch Mindestlohnansprüche umfassen (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Mindestlohngesetz).

Zum anderen können sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, wenn sie zu einem Ausschluss von Ansprüchen allein oder nicht mehr angemessenen („verwerflichen“) Verhältnis auf Arbeitnehmerseite führt. Ob dies der Fall ist, bedarf der Prüfung im Einzelfall.

Wir hoffen, Ihnen mit diesem Beitrag einen Überblick über die Wirksamkeitsvoraussetzungen und üblichen Inhalte von Aufhebungsverträgen gegeben zu haben. Wenn Sie Fragen bei der Gestaltung oder beim Abschluss von Aufhebungsverträgen haben, sprechen Sie uns gerne an.

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