1. Vorteile der Kündigung nach Erwerberkonzept
Findet sich für einen Betrieb oder einen Betriebsteil eines (insolventen) Unternehmens ein Kaufinteressent, so hängt der Erfolg der Verhandlungen über den Kauf und somit eine eventuelle Fortführungsmöglichkeit des Unternehmens häufig auch davon ab, ob zuvor ein erfolgreicher Personalabbau stattgefunden hat. Als wirksames Mittel hat sich hierbei die sog. Kündigung nach Erwerberkonzept erwiesen. Hierunter wird eine Kündigung verstanden, die der Veräußerer nicht aus eigener Initiative, sondern auf Veranlassung des Erwerbers noch vor Vollzug des Unternehmenskaufs nach der unternehmerischen Vorstellung des Erwerbers ausspricht.
Die Vorteile für den Erwerber liegen auf der Hand: Die dem Erwerberkonzept zugrundeliegenden erforderlichen Personalmaßnahmen werden noch beim Veräußerer eingeleitet, so dass der Erwerber ein eingeschränktes wirtschaftliches Risiko trägt und die Belastungen durch laufende Personalkosten von „vornherein“ reduziert werden können.
Erhebliche Vorteile hat die Kündigung nach Erwerberkonzept dann, wenn sie aus der Insolvenz erfolgt. So kann der sich im Insolvenzverfahren befindende Veräußerer – anders als der Erwerber – auf die verkürzten Kündigungsfristen des § 113 Insolvenzordnung (InsO) zurückgreifen. Weitere Vorteile bieten sich mit Blick auf den Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan, sofern das Erwerberkonzept eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG bedingt. So ist das Sozialplanvolumen in der Insolvenz auf 2 ½ Monatsverdienste sämtlicher von der Entlassung betroffener Arbeitnehmer, maximal jedoch auf 1/3 der Masse, die ohne einen Sozialplan für die Verteilung an die Insolvenzgläubiger zur Verfügung stünde, beschränkt. Bezüglich Arbeitnehmern, die sich auf einer Namensliste zum Interessensausgleich befinden, wird vermutet, dass die Kündigung auf dringenden betrieblichen Erfordernissen beruht. Daneben wird die vom Arbeitgeber bei betriebsbedingten Kündigungen vorzunehmende Sozialauswahl nur auf eine grobe Fehlerhaftigkeit überprüft, was das Prozessrisiko bezüglich etwaiger kündigungsrechtlicher Auseinandersetzungen deutlich reduziert.
2. Rechtlicher Hintergrund
Bei der Umsetzung eines Personalabbaus im Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf stehen sich die Interessen des Erwerbers und des Veräußerers auf der einen sowie die Interessen der Belegschaft am Fortbestand ihrer Arbeitsverhältnisse auf der anderen Seite gegenüber. Dieser Interessenkollision begegnet der Gesetzgeber durch die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes sowie der Regelung des § 613a BGB zum Betriebsübergang, die jeweils das Bestandsschutzinteresse der Arbeitnehmer schützen.
Mit Blick auf Kündigungen nach Erwerberkonzept erweist sich insbesondere § 613a Abs. 4 BGB als problematisch. Dieser sieht vor, dass eine Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteiles unwirksam ist. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) geht aber hat insoweit zutreffend davon aus, dass eine nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksame Kündigung nur dann vorliege, wenn der Betriebsübergang der tragende Grund sei. Nicht einschlägig sei § 613a Abs. 4 BGB jedoch, wenn es neben dem Betriebsübergang einen sachlichen Grund gäbe, der „aus sich heraus“ die Kündigung rechtfertige. Einen solchen sachlichen Grund kann auch die Kündigung zum Zwecke der Verwirklichung eines Erwerberonzeptes darstellen. Erforderlich sei aber, dass der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers auf Grund eines Sanierungskonzeptes des Betriebserwerbers entfalle und die Durchführung des verbindlichen Konzepts oder Sanierungsplans des Erwerbers im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung bereits greifbare Formen angenommen habe. Die bloße Forderung des Erwerbers, die Belegschaft vor dem Betriebsübergang zu verkleinern genügt nicht.
3. Umsetzung von Kündigungen nach Erwerberkonzept
Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sollte der sorgfältigen Erstellung des Erwerberkonzeptes besondere Beachtung zuteilwerden. Daneben sollte der Sanierungsplan Teil des Unternehmenskaufvertrages werden, damit eine ausreichende Verbindlichkeit angenommen werden kann.
Da im Übrigen an die Kündigung nach Erwerberkonzept die gleichen Voraussetzungen wie an eine „normale“ betriebsbedingte Kündigung gestellt werden, ist ein besonderes Augenmerk auf die Darstellung der unternehmerischen Entscheidung zu legen. Zu empfehlen ist eine nachvollziehbare Umstrukturierungsentscheidung des Erwerbers, die erkennen lässt, warum welche Arbeitsplätze abgebaut wurden. Auch die im Rahmen von betriebsbedingten Kündigungen stets vorzunehmende Sozialauswahl muss den allgemeinen Anforderungen genügen. Im Rahmen dessen kann sich bei der Kündigung nach Erwerberkonzept die Bestimmung des in die Sozialauswahl zu beziehenden Personenkreises als schwierig erweisen und sich die Frage stellen, ob nur auf die beim Veräußerer beschäftigten Mitarbeiter oder unter Umständen auch auf die beim späteren Erwerber bereits beschäftigten (vergleichbaren) Mitarbeiter abzustellen ist. Handelt es sich also um eine sog. „sich selbst tragende“ Kündigung nach Erwerberkonzept? Hätte mit anderen Worten der Veräußerer auch ohne Verkaufsabsicht und ohne das Erwerberkonzept einen derartigen Stellenabbau vornehmen können? Oder rechtfertigt sich der Stellenabbau nur aus betrieblichen Gründen, die beim Erwerber vorliegen? Die Beantwortung dieser Frage ist für eine erfolgreiche arbeitsrechtliche Abwicklung einer Personalanpassung im Hinblick auf einen Unternehmenskauf essentiell, sollte früh ins Auge gefasst werden und einer besonders sorgfältigen Prüfung unterzogen werden.